Dienstag, 21. Oktober 2008

Beijing - diesmal klappt es!

Samstag 11.10.2008

Nach einer recht kurzen Nacht fanden Alin und ich uns im Speisesaal des Hotels ein und genossen das seit langem vermisste deutsche Frühstück, was uns dargeboten wurde. Neben leckerem Marmeladen Croissant und frischem Toastbrot gab es auch Würstchen und Armen Ritter und vieles mehr. Aber auch die chinesischen Essgewohnheiten fehlten nicht, so gab es auch warmes Büffet und die leckeren Mantou und Baozi. Auf jeden Fall waren wir nach dieser Mahlzeit pappsatt und setzten uns leicht schlaftrunken zu den Vorträgen des DAAD hinein. Diese waren allerdings so interessant, dass wir doch nicht zum Schlafen kamen.

Eine kleine Anekdote aus dem Vortrag eines deutschen Journalisten in China zum Thema: „Wie entstehen die Nachrichten über China, die die deutschen Medien übertragen?“

In China gibt es ganze 25 akkreditierte deutsche Journalisten. Davon sind 15 in Beijing und 10 in Shanghai.





Diese Journalisten haben natürlich Medienwissenschaften studiert und nicht Sinologie, berichten aber für ihre Zeitungen über alle Bereiche von Politik über wirtschaft bis hin zur Kultur und Reisen. Die FAZ ist dabei noch eine von den besseren Zeitungen, sie hat nämlich ganze drei Reporter in China. Von den Themen, die dann in der deutschen Presse zu lesen sind bestimmen die Reporter 50% selbst und der Rest wird entweder von der Zeitung diktiert nach dem Motto: „Wir haben lange keine schlechten Nachrichten über Menschenrechte und Korruption gehört, also schreibt mal was zu diesem Thema!“ oder die deutschen Reporter heften sich an die Fersen der amerikanischen und britischen Arbeitskollegen und kupfern ihre Texte ab. Ergo bekommt man in Deutschland leider nur ein höchst gefiltertes Bild von China über die Medien mit und viele Fassetten des Landes werden einfach unter den Tisch gekehrt oder aus einseitiger Sicht geschildert. Der Journalist selbst hat dies zugegeben und sich mehr Freiheit bei der Themenwahl gewünscht. Immerhin schreibt er fast jeden Tag einen Artikel für irgendeine Zeitung. Hier zählt dann doch eher Quantität statt Qualität.
Ein Beispiel dafür wie Nachrichten über das große Erdbeben in der Provinz Sichuan nach Deutschland kommen. Der Reporter begleitet eine britische Katastrophenjournalistin, die ihn auf den Zyklus der Berichterstattung hinweist. Am 1. Tag werden schreckliche Bilder gesucht, wie von Schulen und verschütteten Kindern, am 2. Tag häufen sich dann die Berichte über das Ausmaß, man fährt weiter in andere betroffene Gebiete, am 3. Tag reichen diese Schreckensnachrichten nicht mehr aus um das Publikum zu halten, also sucht man nachmöglichen Horrorszenarien, die das Erdbeben ausgelöst haben könnte, in diesem Fall waren es Seuchen und der Bruch von angeschlagenen Staudämmen. Dies wird dann noch ungefähr 2-3 weitere Tage aufgebauscht, bis dann die Attraktion für das Publikum abgeflacht ist. Sehr bestürzend fand ich die Aussage des Reporters, dass er eine chinesische Omi interviewt hat, die gerade ihr gesamtes Hab und Gut verloren hat und dazu noch ihre Kinder. Die Omi hat ihm alles erzählt und zum Schluss auch noch einmal richtig gefragt und nachgehakt, ob in Deutschland jetzt schlecht über China gesprochen wird. Das muss man sich mal vorstellen. Die gute Frau hat ihre Existenz verloren und ihre größte Sorge ist, ob in Deutschland negativ über China berichtet wird. Entweder hat da der chinesische Propagandaapparat sehr gut gewirkt, oder die Chinesen sind schon total von der negativen Berichterstattung der Deutschen deprimiert.
Ein weiteres Beispiel war die Zeitungsente vom Sommer, dass alle deutschen Studenten aus China während der Olympischen Spiele ausgewiesen werden und keine neuen Visa vergeben werden würden. Diese Nachricht stammt von einem einzigen Reporter, der seine Quellen auf wenige Studenten beruft, deren Visum nicht verlängert wurde und auf eine Dame des DAAD (die aber nur falsch verstanden wurde, wie sie uns sagte). Alle anderen Journalisten haben auf diese Meldung des Reporters hin die Nachricht, wohlgemerkt ohne sie selbst nochmals zu prüfen, an ihre deutschen Agenturen geschickt und so entstand die Ente des Jahres!

Aber nun genug aufgeregt. Nach einem leckeren Mittagessen und einem Vortrag über den Arbeitsmarkt in China, inklusive Jobtipps für die Bewerbung um ein Praktikum, wurden wir in Bussen zu den Hutongs (Wohngebiete mit Häusern aus Holz Gebälk und schwarzen Schieferdächern) in Beijing gekarrt. Wir fuhren zu den Nord-Hutongs, die als Hutongs der reichen Beijinger gelten, in denen früher der Adel gehaust hat. Zum Auftakt besichtigten wir den Trommelturm, in dem uns auch gleich eine Trommelschau gezeigt wurde. Ist schon echt beeindruckend zu sehen, wie ein paar Chinesen so viel Krach mitriesigen Trommeln machen können. Danach brachen wir auf zur Besichtigung der Hutongs und spazierten 2 Stunden durch dieses Gebiet. Einmal bot sich uns die Gelegenheit ein hergerichtetes Hutong zu besichtigen mit Herrenhaus, Angestelltenräumen und früheren Schlafgemächern, allerdings waren Fotos verboten. Beijing ist sehr bemüht um den Denkmalschutz, nur versteht man hier unter Denkmalschutz doch ein bisschen was anderes wie in Deutschland. Hier wird das Alte weggerissen und was Neues hingebaut, dass so sein soll, wie man es sich früher vorgestellt hat. Aber wenigstens werden heute Funde aus vergangener Zeit konserviert und ausgestellt, was auch nicht als selbstverständlich gilt. Außerdem hat Beijing als Hauptstadt ein wachsendes Problem mit der stetig steigenden Einwohnerzahl, was dazu führt, dass Außerhalb die Satellitenstädte mit Hochhäusern entstehen. Aber auch in der Innenstadt findet man unweigerlich hohe Bauten, die eigentlich vermieden werden sollten.
Nachdem wir unseren Reisebus wiedergefunden hatten, schafften wir es sogar noch zum vor 3 Tagen für die Öffentlichkeit zugänglich gemachten Olympia-Park zu fahren. Dort strahlte uns neben dem stechend neonblau leuchtenden Watercube ein riesiger Flatscreen von einem überdimensional großem Hotel entgegen, das selbst einen Drachen darstellen sollte. Auch das Vogelnest konnten wir sehen, insgesamt liegen die Olympiasportstätten viel dichter zusammen, als man sich das gedacht hat. Man kann sie alle innerhalb von 5 min erlaufen.
Nach diesem 15 minütigen Aufenthalt machten wir uns auf den Weg zum Empfang auf der Deutschen Botschaft, wo wir wieder einmal alle Leckereien aus Deutschland vorgesetzt bekamen, die man sich wünscht, nur leider war keine Thüringer Rostbratwurst dabei. Noch schöner war jedoch das Zusammentreffen mit Tanja und Matthi, die zum einen deutsche Kommilitonen und zum anderen Freunde sind. So plauschten wir in der Botschaft nicht nur mit unseren Freunden sondern auch mit dem Stellvertreter des Botschafters, den wir sogleich über eine Karriere bei der Botschaft ausquetschten. Er wurde jedes 3. Jahr spätestes in ein anderes Land versetzt mit Aufenthalten in Deutschland zwischen durch, damit er ja nicht die Heimattreue verliert. Seine Frau und Kinder sind immer mitgereist, allerdings konnte seine Lebensgefährtin nicht wirklich eine eigene Karriere starten. Ich glaub so familienfreundlich ist dieser Berufsweg wirklich nicht. Und für ein Praktikum hätten wir uns schon viel früher bewerben müssen. Egal, gepfropft wie Gänse machten wir uns auf den Weg in eine gemütliche Bar in der wir noch ein paar Cocktails schlürften und verabschiedeten uns vollkommen müde und kaputt von unseren Freunden aus Beijing.

1 Kommentar:

Cassandra hat gesagt…

Very impressive!
You've been to many places in my country.