Mittwoch, 7. Januar 2009

Gezuckerte Weihnachten

24.12.2008 Emeishan 峨眉山

Halb sechs pellten wir uns aus der eisigen Bettdecke heraus, um pünktlich zum Frühstück um 6 anzutreten – wir waren die ersten...Grummel... Egal nach ein paar Mantou und scharfen Sojabohnensprossen fuhren wir zur Tickethalle für die Fahrt zum Emeishan unserer nächsten Station. Hier in der Mitte Chinas geht die Sonne erst etwas später auf, da in ganz China die gleiche Uhrzeit herrscht, festgelegt von Beijing. So fuhren wir nach mehrmaligem Buswechsel ins dunkle Ungewisse der Nacht. Als die ersten Sonnenstrahlen meine Nase kitzelten befanden wir uns bereits mitten in den Bergen des Gebirgszuges Emeishan. Auf schmalen Serpentinen schraubte sich unser zum Glück beheizter Bus die Straße immer weiter hinauf. Auf halber Strecke stoppten wir an einem Verkaufsstand und ich dachte schon unsere perfekt gestylte Chinesin, tauscht ihre 7cm hohen Pfennigabsatzschuhe gegen richtige Wanderschuhe ein....nein falsch gedacht, sie kaufte für sich und ihren Mann erst mal ein paar Handschuhe. Munter ging es weiter, je höher wir stiegen, desto verzauberter sah die Landschaft um uns herum aus. Die Bäume bekamen erst weiße Spitzen, dann weiße Zweige bis sie zum Schluss ganz in ein weißes Kleid aus Reif und Schnee gekleidet waren. Aus diesem Grund legten wir auch eine Pause ein, um Schneeketten aufzuziehen. Weiter ging es in dieser Traumwelt. Als wir dann entgültig den Reisebus verließen wehte uns ein eisiger Wind um die Nase. Bevor wir uns an den Aufstieg zum Gipfel wagten bestürmten uns eine Horde Verkäufer, denen wir schließlich Eispickel für unsere Turnschuhe abkauften. Später stellte sich heraus, dass der gefährliche Aufstieg aus betonierten Treppen mit Geländer bestand und lediglich die Stufen vereist waren.
Fasziniert von der Eiswelt um uns herum vergaßen wir die Müdigkeit und tauchten ein in eine Welt aus Ruhe und Besinnlichkeit. Beschwingt stiegen wir die Stufen zur, wie sollte es auch anders sein, Seilabahnstation hinauf. Zwischen einigen Einschneidungen in den Baumkronen konnten wir Blicke auf ein Wolkenmeer unter uns erhaschen, welches gelegentlich von anderen Bergspitzen unterbrochen wurde. Es ist schwer zu beschreiben welche Glücksgefühle eine solch wunderbare Landschaft auslösen kann, aber ich kann euch versichern wir hatten ein einmaliges weißes Weihnachten auf dem heiligen Berg und ich möchte diese Erfahrung gegen nichts auf der Welt eintauschen. Auf der Bergstation angekommen wandelten wir durch eine weiße Welt direkt auf einen weißen und goldenen Tempel zu. Gegenüber stand eine mächtige vierköpfige ebenfalls goldenen Statue umringt von weißen Elefanten. Diese Goldene Spitze heißt jinding 金顶.Was soll ich sagen. Kein wunder, dass dieser Berg zu den heiligen zählt. Es ist wirklich atemberaubend bei strahlend blauem Himmel, weißem Schnee auf 3077 m Höhe diese riesigen goldschimmernden Bauwerke zu betrachten. Mindestens genauso schön war der Ausblick von hier. Auf mehreren Plattformen sahen wir einen Teil der Bergwelt Sichuans. Teilweise waberten die Wolken zwischen den Bäumen hinauf, teils wurden sie von Bergspitzen durchbrochen. Dieser Ort ist einfach mystisch und wahrscheinlich war es eine sehr gute Idee von uns ihn im Winter zu besuchen, denn der Touristenansturm hielt sich erstaunlicher Weise in Grenzen.

Auf unserem Abstieg kamen wir an einer Horde Affen vorbei. Niedlich wie sie sind kamen wir natürlich nicht so schnell an ihnen vorbei. Die kleinen putzigen Biester sind aber ziemlich gewitzt und binnen einer Minute entwendeten sie einer Chinesin die Sojamilch aus der Jackentasche, bissen ein Loch in den Flaschenboden und ließen es sich schmecken. Der Emeishan ist bekannt für seine Affen und so stehen am Rand immer Buden mit Nüssen und getrocknetem Obst um sie zu füttern. Unser weiterer Weg führte durch die grünen Wälder des Emeishan, welche zahlreiche Klöster, Schreine, Tempel und Imbissbuden beherbergten. Selbst hier im heiligen Gebirge werden Tempel beim restaurieren einfach abgerissen und mit Beton aufgetaut, was meiner Ansicht nach den Wert um einiges mindert. Wie kann man ein Kloster als 1000 jährig bezeichnen, wenn kein einziger Stein oder auch nur ein Splitter Holz aus der Vergangenheit stammen? Ich finde das richtig schade, Kultur sollte nicht einfach abgerissen, sondern geschützt werden.
Mein aufgekommener Groll legte sich allerdings schnell wieder, denn die Umgebung war einfach zu schön, um sich aufzuregen. An einer Station für Tee und chinesische Medizin legten wir eine kurze Rastpause ein und verschmausten zahlreiche Köstlichkeiten, die unsere chinesischen Freunde mitgebracht hatten. Dazu gab es hervorragenden Tee und wer wollte, konnte den hauseigenen Schnaps verkosten. Am Nachmittag neigte sich unsere Wanderung dem Ende zu. Wir warfen noch einen letzten Blick auf die Nebelschwaden, die das Tal hinaufzogen, das kleine Flüsschen, was uns die ganze Zeit murmelnd begleitete und die grünen Berge. Am liebsten wären wir noch ein paar Tage hier geblieben, um der grauen Betonwelt Shanghais zu entfliehen, aber der Tourleiter beförderte uns sanft drängend wieder in den Bus zur Heimreise.

In Chengdu kamen wir um 20 Uhr schon wieder an, verabschiedeten uns von den neu gewonnen Freunden und machten uns auf den Weg zum Bahnhof um unsere Rückfahrtickets zu kaufen. Im Hostel angekommen stieg bereits die groß angekündigte Weihnachtsparty, von überallher strömten die Backpacker herein und wir feierten gemeinsam mit den Hausschweinen und Jim, dem Besitzer des Hostels Weihnachten.

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